Planung ersetzt den Zufall durch den Irrtum.

Aktionspläne im Vertrieb ersetzten nichts, sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung. Enorm!

Das Albert Einstein zugeschriebene Zitat „Planung ersetzten den Zufall durch den Irrtum“ war vermeintlich spöttisch gedacht. Gleichwohl bietet der Irrtum gegenüber dem Zufall einen entscheidenden Vorteil: aus ihm [dem Irrtum] kann man lernen, aus Zufällen nicht.

Die Situation zum Ende eines Jahres erinnert in den meisten Unternehmen an „Und jährlich grüßt das Murmeltier“. Das Budget für das Folgejahr wird emsig zusammengeschustert, Top-Down-gebottom-upte Hochrechungen für das laufende Jahr werden mit gewichteten, ermittelten Mittelwerten der Endquartale der letzten drei Jahre gemengt, Großkundenwachstumserwartungen bis zur dritten Nachkommastelle extrapoliert, dazu eine Prise Optimismus und zack, wieder fehlt dieses eine Fitzelchen, dass Eigentümer, Gesellschafter und Geschäftsführung „zärtlich“ erbeten. Und so wird unter hartnäckigem Ignorieren von Glaskugel und Tarotkarten das verbleibende Delta von 3,8 % zu den final-finalen Top-Down Vorgaben auf „Sonstiges“ bzw. „Neukunden“ budgetiert. Pauschal.

Was fehlt, ist nicht nur das Konkretisieren, mit welchen „sonstigen“ Kunden(gruppen) genau gewachsen werden soll, sondern auch das „Wie“, das „Womit“ und dessen, was dazu notwendig ist. Dies gilt in der Mehrzahl der Unternehmen nicht nur für das Cluster „Sonstige“, sondern auch für die A- und – noch häufiger – die B-Kunden.

Unbestritten ist der Mehrwert eines planerischen Vorgehens insoweit, als dass es ein Vielfaches einfacher ist, von einem einmal gefassten Plan abzuweichen und „nach Plan B“ zu verfahren, als gar keinen Plan zu haben und dadurch von „gar nichts“ abweichen zu können. Das beherrschen nur Berufs-Improvisateure wie Kleinkabarettisten, Stuntmänner und Politiker. Ein weiterer Vorzug, die Vorgehensweise als Konzept und Entwurf zu formulieren besteht darin, das Vorhaben auf zeitlich eng aneinander liegende Meilensteine herunterbrechen zu können, quasi „Etappen“ zu planen.

Ein gutes Beispiel für die Veranschaulichung bietet die Vorbereitung auf den ersten Marathon: das Zurücklegen der 40,25 km in unter vier Stunden ist das gesetzte Ziel des Hobbyläufers. Unter der Annahme von 300 gelaufenen km als Distanz, um Gelenke, Sehnen, Muskel und Kondition auf die Belastung vorzubereiten, wird ein Trainingsplan ausgearbeitet und auf Kalenderwochen heruntergebrochen, wie viele km-Trainingsstrecke in welcher Zeit pro Woche zu absolvieren sind. Ebenso werden Ruhepausen, Puffer, Intervalltraining und viele weitere Vorbereitungsmaßnahmen berücksichtig und einkalkuliert. Mit einem einzigen Ziel: die Marathonstrecke in weniger als 4 h zurückzulegen. Übersetzt in die Marktbearbeitung ist der Aktionsplan (auch „Kundenentwicklungsplan“) nichts anderes als der Trainingsplan – für den Vertriebsmitarbeiter.

Die Ziele eines Aktionsplanes sind vielschichtig:

  • Sie wollen mit dem Kunden bzw. den Ansprechpartnern auf Kundenseite ein möglichst intensives Vertrauensverhältnis aufzubauen

  • Sie wollen durch regelmäßige Kontaktpunkte mehr über den Kunden und seine Druckpunkte herausfinden, den Kreis an für Sie relevanten Ansprechpartner in andere Bereiche, Niederlassungen oder Auslandsgesellschaften ausweiten

  • Vor allen Dingen aber wollen Sie sich dauerhaft im „relevant set“ Ihres Kunden verankern und so sicherstellen, dass wenn neue Bedarfe auftreten oder Ausschreibungen geplant werden, Sie und ihr Unternehmen als Anbieter den Hut in den Ring werfen können.

Ein guter Aktionsplan auf Kundenebene bricht den mit genau jeden Kunden geplante Jahresumsatz auf kleinere Zeiteinheiten (Halbjahre, Quartale, Monate) herunter.  Nicht zwingend saisonal, sondern basierend auf den mit diesem Kunden geplanten Produkte, Aktionen und Events.

Die Konkretisierung gibt keine Gewähr, dass die „andere Seite“ bei allen Aktionen und Vorgehensweisen immer mitzieht. Aber sie erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der jeweilige Vertriebler frühzeitig beginnt, sich mit dem zu erreichenden Meilenstein-Ziel präziser auseinandersetzt und erforderliche Maßnahmen frühzeitig zu anzuleiern.

Was beinhaltet ein intelligenter, gut ausgearbeiteter Kundenaktionsplan?

Der Detaillierungsgrad eines Aktionsplans variiert sehr stark von Branche zu Branche wie auch zwischen den Kundengrößen und Kundentypen. Wobei zu viele Details nicht schädlich, sondern lediglich arbeitsintensiv sind.  Ein guter Aktionsplan beinhaltet:

  • Eine Aufbereitung der bisherigen Kundenhistorie, d.h. welche Umsätze/Deckungsbeiträge wurden mit welchen Produktlinien/Sortimentsbestandsteilen bisher/im letzten Jahr generiert
  • Daraus abgleitet: welche Anknüpfungspunkte bieten sich – basierend aus den Erkenntnissen der bisherigen Gespräche mit dem Kunden – für einen Ausbau bereits bestehender Produktverkäufe (Steigerung des Volumens), für den Verkauf von zusätzlichen Produkten (Produktlinien (Zusatzverkäufe) oder für das Bündeln von Produkten mit zusätzlichen Servicedienstleistungen (Bundling), die sich aus der Vergangenheit herauskristallisiert haben.

Besonders wichtig ist daabei das „klappern“, um die Neugierde des Kunden für das eigene Angebot zu entfachen. Prädestinierte Anknüpfungspunkte sind u.a. :

  • Bereits geplante Neuheiten oder noch in Planung befindliche Innovationen, die das Unternehmen erst im Laufen des Jahres auf den Markt bringen wird
  • Konzeptgedanken, die für den Kunden einen spannenden Mehrwert entwickeln könnten. Gerade hierdurch können Sie die Kunden das Gefühl eines „Entwicklungspartners“ vermitteln
  • Vorstellung von Sortimentsteilen oder Dienstleistungen, die der Kunden derzeit noch nicht von Ihnen bezieht, aber für Ihn oder Ansprechpartner in seinem Unternehmen spannend sind

Weitere Anlässe, die als ein möglicher Anknüpfungspunkt und Kontaktanlass genutzt und über das Jahr hinweg geplant werden können:

  • Einladungen zu Messen, an denen Sie zwar nicht ausstellen, aber vor Ort sein werden („gemeinsame Messebesuche“)
  • Einladung zu Kongressen, Branchen- oder Fach-Tagungen (Sie besuchen denselben Fachtagung und laden Ihren Kunden auf ein Mittag- oder Abendessen ein)
  • Sie planen success-Stories, die sich marketing-seitig einsetzten und gewinnen Ihren Kunden als Referenz
  • Kundenbefragung: Sie holen Ihre Ansprechpartner im Rahmen einer „offiziellen“ Kundenbefragung ab
  • Innovations-Workshops, zu denen Sie Ihre Ansprechpartner als „subject-matter-Experten“ einladen und involvieren

Weitere, zusätzliche Kontakt-Anlässe können mit Unterstützung des eigenen Marketings und/oder des eigenen Vertriebs geplant und in die Jahresplanung integriert werden, Zum Beispiel Haus-Messen, Tag der offenen Tür oder spezielle Events für in sich homogene Kundengruppen.

Auch wenn nicht alle Kontaktanlässe für alle Unternehmen und Personen geeignet sind, die Brandbreite an Möglichkeiten ist groß. Abwechslung hilft dabei, die Ansprechpartner noch besser kennenzulernen und dadurch auch die Trigger, persönlichen Druckpunkte (z.B. das Incentivierungsmodell, dass für den Einkäufer gilt) besser zu verstehen.

Ein guter Aktionsplan beinhaltet und bezieht weitere Zielpersonen auf seitens des Kunden mit ein, deren Verantwortungsbereiche ebenfalls Bedarfe aufweisen oder die aktive Einflussnahme auf die Kaufentscheidungen nehmen.

Der gestalterische Rahmen eines Aktionsplans:

Zeiträume sind in Anlehnung an die Vorgehensweise der Marketing- bzw. gesamten Vertriebsplanung anzulehnen. In der Mehrzahl der Fälle wird auf der strategischen Ebene mit einem 12-Monatsplan gearbeitet, in dem die aktiven Messeteilnahmen, Jahresveranstaltungen etc. als Meilensteine gesetzt sind.  Hieraus lassen sich für die Aktionspläne auf Kundenebene bereits die erste, „gesetzten“ Kontaktpunkte mit den Ansprechpartnern des Kunden ableiten. Der ideale Kontaktrhythmus, welcher über die Aktivitäten abgebildet wird, kann und sollte nicht standardisiert werden. Jeder Kundentypus unterscheidet sich und hängt oft ab von Branche, Produktzyklen, Größe, Zusammensetzung des Buying Centers, etc.

Hinter den geplanten Aktivitäten sind zwingend immer auch die Verantwortlichkeiten festzulegen. Einen Kundenevent im eigenen Haus zu planen ist sinnvoll, sollte aber zwingend immer auch mind. ein „Meet & Greet“, besser noch ein gemeinsames Essen mit der eigenen Vertriebsleitung oder

Geschäftsführung beinhalten. Viel zu häufig kommt es vor, dass relevante Kunden „im Haus“ sind, aber Insignien eines professionellen, kunden-orientierten Empfangs außer Acht gelassen werden (Stichworte Hinweis auf Parkmöglichkeiten im Vorfeld, Kundenname inkl. Welcome auf Displays im Eingangsbereich, vorbereitete Konferenzräume, Werbegeschenk, kurzer Rundgang im Gebäudetrakt, ein Blick in die Fertigungshalle etc.).

Die Form? Irrelevant. Prosa und seitenlange Beschreibungen sind irreführend und fördern eher das Klischee des überbordenden Administrierens.  Stichworte und Bullet-point-artige Kurzbeschreibungen reichen völlig aus, relevant sind neben dem „Wer“, „Was“ und „bis Wann“ lediglich, dass Führungskraft und involvierte Parteien (Kollegen aus der Marketing-, Grafik- oder anderen Abteilungen) das gleiche Verständnis bekommen und Ihre Ressourcen entsprechend einplanen können.

Die Kommunikation – häufig unterschätzt, noch häufiger nicht ausreichend angewendet:

Speziell im b2b-Sektor auf Key-Account-Ebene beobachtbar ist, dass der Key Acount Manager zwar einen Aktionsplan in groben Zügen erstellt, aber die Inhalte nicht mit dem Kunden teilt. Auch hier gilt die Logik eingangs erwähnter Wahrscheinlichkeitsrechnung: wenn der Kunde weiß, was er kaufen soll, damit der KAM sein Jahresziel mit ihm [dem Kunden] erreicht, kann er sich aktiv dagegen wehren oder seine Bedingungen kundtun, zu denen er bereit ist, an diesem Jahresziel produktiv mitzuwirken.

Ebenso wichtig ist der periodische Review des Aktionsplans, welcher genauso wenig in Stein gemeißelt sein sollte wie alle Pläne. Gemeinsame Durchsichten mit der Vertriebsleitung oder Geschäftsführung stellen sicher, dass die geplanten Aktionen und Vorgehensweisen immer an die sich unterjährig verändernden Rahmenbedingungen angepasst werden.

Die (anfängliche) Gegenwehr einzelner Vertriebsmitarbeiter ist mehrheitlich in zwei Ursachen begründet. Zum einen durch den Aufwand, den das Erstellen eines Aktionsplans administrativ generiert. Bedingt durch Unkenntnis echter Aktionspläne, wird dieser Aufwand im Vorfeld meistens höher eingestuft, als es in der Praxis tatsächlich der Fall ist, Ein typischer Vertriebler will „raus an die Front“, nicht am Schreibtisch sitzen und „planen“. Der zweite, ebenfalls häufiger anzutreffende Grund liegt in der durch den Aktionsplan entstehenden Transparenz und Messbarkeit. Der Verfasser „outet“ sich, wie fundiert und durchdacht seine Vorgehensweise ist, um das gesetzte Umsatz- und Margenziel mit dem Kunden zu erreichen. Hier ist die Führungskraft gefordert, die auch uns insbesondere für den Vertriebsmitarbeiter entstehenden Vorteile in den Mittelpunkt zu rücken: nämlich die Verbindlichkeit, die aus dem Aktionsplan für alle unterstützenden Ressourcen (Marketing-Team, eigene Führungskraft, ggf. auch Geschäftsführung) resultiert. Und die gesteigerte Chance, die gesetzten Ziele tatsächlich zu erreichen.

Fazit? Fazit!

Ein Aktionsplan ist ein Gradmesser für Einfallsreichtum, die zum Kunden passende Taktik und deren Präzision, auf welche Arten und Weisen die mit diesem Kunden geplanten Umsatz-/Margenziele erreicht werden sollen. Eine Art „Masterplan“, der  die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung in erheblichem Ausmaß steigert und dabei unterstützt, den Fokus auf das Wesentliche zu halten.

Der Plan stiftet „Struktur“ in der für typischerweise auf 12 Monate ausgelegten Zielsetzung und unterstützt bei der Selbstdisziplinierung, die für eine beständige Kontaktquote mit den Ansprechpartnern auf Kundenseite notwendig ist und am Jahresende die Aussicht auf unschöne Überraschungen deutlich reduziert.

Der Aktionsplan ist eine ganzheitliche Zusammenfassung dessen, was an Aufwand zu leisten ist, welche internen Ressourcen (auch aus anderen Abteilungen wie Technik, Entwicklung und Marketing) notwendig sind und welche Aufgaben und ToDos zu erledigen sind, um das Umsatz- und Margen-Ziel zu erreichen.

Auch wenn es derzeit bisher nur eine Minderheit ist, die sich die Mühe von Aktionsplänen macht: in diesem Unternehmen ist das Wegdenken der Aktionspläne unvorstellbar!